Wohnungsmarkt Deutschland – Niedrige Zinsen halten Nachfrage nach Immobilien weiterhin hoch
Die Lage am Investmentmarkt für Immobilien aus Deutschland war im Jahr 2019 unverändert durch eine hohe Nachfrage geprägt. Das anhaltend niedrige Zinsniveau sorgte weiter für günstige Finanzierungskonditionen. Die Europäische Zentralbank beließ den Leitzins angesichts sinkender BIP-Wachstumsraten auf dem historischen Tiefststand von 0,00 %. Banken müssen weiter Negativzinsen von 0,50 % zahlen, wenn sie Gelder bei der Zentralbank parken. Zudem hat die Europäische Zentralbank seit November 2019 den Erwerb von Anleihen wieder aufgenommen.
Der Preisanstieg bei den Wohnimmobilien in Deutschland hat mittlerweile die Fläche erreicht. Die Preise für Wohnimmobilien (Häuserpreisindex) in Deutschland lagen im 3. Quartal 2019 durchschnittlich 4,9 % höher als im 3. Quartal 2018. Laut Statistischem Bundesamt verteuerten sich insbesondere Eigentumswohnungen (+9 %) sowie Ein- und Zweifamilienhäuser (+7,5 %) in den sieben größten Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf). In den anderen kreisfreien Großstädten ab 100.000 Einwohnern stiegen die Preise für Häuser um 7,8 %, die Preise für Eigentumswohnungen um 5,8 % an. In städtischen Kreisen außerhalb von kreisfreien Großstädten wurden Preissteigerungen von 5,1 % für Ein- und Zweifamilienhäuser und 4,5 % für Eigentumswohnungen beobachtet.
Obwohl die nachfragebedingten Preisanstiege auf die Rendite drücken, ist das Interesse von Investoren an Immobilien am Standort Deutschland ungebrochen. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung, das Wachstum der Einkommen und niedrige Zinsen befeuern die Nachfrage, während die Baubranche weiterhin an ihrer Kapazitätsgrenze arbeitet.
Projektentwicklungen immer bedeutender
Bei privaten wie institutionellen Investoren stehen Wohnimmobilien als wertstabile Kapitalanlagen weiter hoch im Kurs. Das Transaktionsvolumen im professionellen Investmentmarkt (ab 30 Wohneinheiten) belief sich 2019 auf rd. 19,5 Mrd. €, das zweitbeste Ergebnis der vergangenen 15 Jahre. Traditionell dominieren große Bestandsportfolios das Marktgeschehen. In den vergangenen Jahren hat sich der Wohn-Investmentmarkt jedoch zunehmend diversifiziert. Neben Neubauprojekten, die schon längere Zeit vor allem von langfristig orientierten Anlegern gesucht werden, sind zunehmend auch Sonderwohnformen wie Studentisches Wohnen, Mikroapartments oder barrierefreies Wohnen gefragt. Das hohe Bauvolumen in diesen Segmenten hat das Angebot gegenüber früheren Jahren signifikant ansteigen lassen. Insgesamt flossen mehr als 1,3 Mrd. € in diese Wohnformen. Über alle Asset-Klassen hinweg wurden rund 5,3 Mrd. € in Neubauentwicklungen angelegt, das entspricht über einem Viertel des gesamten Transaktionsvolumens im Wohnimmobilien-Sektor.
Der Wohn-Investmentmarkt wird von inländischen Käufern dominiert, lediglich 8,5 % des Volumens entfielen auf Investoren aus dem Ausland. Absolut hat sich ihr Volumen gegenüber dem Vorjahr mehr als halbiert (- 55 %). Während Themen wie Mietendeckel und Mietpreisbremse, potenzielle Enteignungen von Immobilienkonzernen oder gezogene Vorkaufsrechte bei ausländischen Investoren anscheinend zu Zurückhaltung geführt haben, werden Wohnungsinvestitionen unverändert als sicheres Investitionsziel mit attraktiver Rendite angesehen. Mit gut 8,4 Mrd. € verzeichnen die A-Städte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) gegenüber dem Vorjahr ein Umsatzplus von 25 %, ihren Anteil am Gesamtvolumen haben sie auf rund 43 % ausgebaut.
Insbesondere institutionelle Investoren in Deutschland bauen ihre Immobilienquote weiter aus und bestimmen die Nachfrage, diese liegt noch immer deutlich über dem Angebot. Das Angebot an Neubauinvestitionen nimmt zu, deckt aber bei weitem nicht den Bedarf. Fehlende Bauflächen, hohe bautechnische Anforderungen und langjährige Genehmigungsprozesse stehen einer schnellen Ausweitung des Wohnungsangebots entgegen.
Projektentwickler weichen aufgrund der hohen Grundstückskosten vermehrt auf Ent-wicklungen in den Kommunen im näheren und weiteren Umfeld der Ballungsräume aus. Der allgemeine Preisanstieg zeigt sich daher mittlerweile in der gesamten Marktbreite. Hohe Mieterwartungen gehen einher mit Kaufpreisfaktoren, die für Neubauimmobilien inzwischen beim 26- bis 27-fachen der Jahresmiete und darüber liegen. Eine Änderung der angespannten Marktsituation ist aufgrund des noch immer niedrigen Zinsniveaus, unzureichender Neubauaktivitäten und fehlender Investitions¬alternativen aus unserer Sicht nicht zu erwarten.
Wohnungsmärkte sind Vermietermärkte
Seit der Finanzkrise vor 10 Jahren sind die Mietpreise bei geringer Volatilität in den Top 7 Standorten um über 40 % angestiegen. Im Neubausektor haben sie einen Peak erreicht. Den größten Preiszuwachs seit 2007 verzeichnet mit 89 % Berlin.
Die hohe Nachfrage nach Wohnungen, insbesondere in den Städten, und ein stagnierendes bzw. nur geringfügig steigendes Wohnungsangebot haben die Mieten nach vielen Jahren der Stagnation in allen Zuzugsregionen auch im letzten Jahr weiter stark steigen lassen. Die Wohnungsmärkte sind Vermietermärkte geworden. Mittelfristig ist aufgrund der anhaltenden großräumigen Zuwanderung aus strukturschwachen Gebieten in die Ballungszentren mit guten Arbeitsplatz- und Bildungsangeboten keine Änderung zu erwarten. Zudem führte der anhaltende Trend zum städtischen Leben, anzutreffen über alle Altersgruppen hinweg, zu einer Verschiebung der Nachfrage aus dem weiteren Umland in die Zentren der Großstädte. Die Leerstandsraten in den Top 7-Großstädten sind auf 0,5 bis 1,5 % gefallen.
Die Mietentwicklung ist insbesondere von der Bezahlbarkeit geprägt. Die Mietpreisbremse sowie fiskalische Anreize und Wohnungsbauprogramme des Bundes haben bislang keine spürbaren Auswirkungen entfaltet. Bezahlbarer Wohnraum mit Kaltmieten unter 1.000 €/Monat wird immer knapper. Eine Entspannung der Marktsituation in den Städten und ihrer Umgebung kann langfristig nur durch den Ausbau der Neubautätigkeit erreicht werden. Allerdings sind die planerischen Vorlaufzeiten erheblich und gleichzeitig die Kapazitäten in der Bauwirtschaft ausgereizt, sodass mit einer kurzfristigen Änderung der Lage nicht zu rechnen ist.
Während die Mieten im Neubausektor zuletzt langsamer stiegen, sind im Bestand unverändert hohe Mietsteigerungen bei Wiedervermietungen erkennbar. Hier kann die Mietpreisbremse entgegenwirken, wenn ihre Einhaltung konsequent verfolgt wird.
Trotz gestiegener Kaufpreise ist der Erwerb einer Immobilie im Vergleich zur Anmietung aufgrund der weiter relativ niedrigen Realzinsen eine wirtschaftlich attraktive Alternative. Die Belastung aus einem Kauf liegt in der Regel deutlich unter den Mietkosten und wird die Nachfrage nach Eigentum weitertragen. Der Vertrieb von Eigentumswohnungen wird hierdurch gefördert.